Brechen/Limburg-Lindenholzhausen. Seit über sieben Jahren warten die Brechener auf die Beseitigung des schienengleichen Bahnübergangs in Niederbrechen ...
Sie hat für Hessen-Mobil hohe Priorität, sagt das Verkehrsministerium. Eine neue Planung für den Bahnübergang, die jetzt erstellt wird, könnte auch Bewegung in das Thema Umgehungsstraße bringen.
VON PETRA HACKERT
Bild: Im vergangenen Herbst haben die Brechener zuletzt für eine Beseitigung des schienengleichen Bahnübergangs demonstriert. FOTO: PETRA HACKERT
Die kritische Situation am Bahnübergang in Niederbrechen beschäftigt die Gemeinde seit Jahren. Deshalb war das Unverständnis groß, als Hessen Mobil vor gut einem Vierteljahr mitteilte, die letzte Planung nicht weiter zu verfolgen. Sie sah unter anderem ein enormes Brückenbauwerk sechs Meter über der Bahnlinie vor. Der Grund, statt dessen neu zu planen: die Topographie. Die Kritik aus der Region: Die Landschaft hat sich seit Jahren nicht verändert. Wohl aber die Gesetzeslage. Zum Beispiel müsse Europarecht berücksichtigt werden, heißt es in einer Antwort des Hessischen Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen, Tarek Al-Wazir (Bündnis 90/Die Grünen), auf eine Anfrage der FDP-Landtagsabgeordneten Marion Schardt-Sauer. Etwas komme hinzu, auf das auch die Verkehrsbehörde Hessen-Mobil schon hingewiesen hat: In der Detailplanung sei man topographisch auf Hürden gestoßen, die eben nicht in Gänze vorher absehbar gewesen seien.
Wörtlich erklärte Hessen-Mobil im vergangenen Herbst : "Die örtliche Topographie mit mehreren Steilhängen, das Landschaftsschutz- und Überschwemmungsgebiet, der Emsbach und der Wörsbach, die Oberleitungen des Bahntrasse sowie das Gewerbegebiet stellten dabei erhebliche Zwangspunkte dar. Dies führte dazu, dass die zunächst als Vorzugsvariante gefundene Lösung für die Beseitigung des Bahnübergangs nicht weiterverfolgt werden kann."
"Wie kann es sieben Jahre dauern, um diese Tatsachen festzustellen? Kann die Landesregierung nachvollziehen, dass sich Pendler und Anwohner über das Vorgehen von Hessen-Mobil an der Nase herum geführt fühlen?", hatte Marion Schardt-Sauer daraufhin unter anderem im November gefragt. Die Antwort folgte Mitte Januar, die Veröffentlichung jetzt: Der Minister verweist auf regelmäßige Informationen der Landesregierung und von Hessen-Mobil über Sachstand, Planungsrecht und Verzögerungen. Somit seien die Bürger informiert worden. Zur Vorplanung verweist er auf die seinerzeit gültigen Regeln und Technik. Auf dieser Basis sei die Vorzugsvariante nach Abwägung aller für eine Entscheidung relevanten Kriterien festgelegt worden - im Jahr 2012.
Es folgten vier Jahre Pause - wie das Ministerium schreibt, weil es andere Prioritäten gab. Al-Wazir nennt hier als Beispiel die Ersatzneubauten der Talbrücken der A 45. Deshalb habe erst seit 2016 in Brechen mit landespflegerischen Erfassungen und Vermessungsarbeiten sowie seit 2018 mit der Bearbeitung des technischen Entwurfs fortgefahren werden können.
"Während der Bearbeitung der Entwurfsplanung, die gegenüber der Vorplanung einen deutlich höheren Detaillierungsgrad auf Grundlage von genauen Vermessungsdaten besitzt, hat sich ge-zeigt, dass die damalige Planung aufgrund von erheblichen Abweichungen zum inzwischen ver-bindlich eingeführten Regelwerk für Bundesfernstraßen (Richtlinien für die Anlage von Landstraßen) insbesondere aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht mehr vertretbar ist. Zudem würde eine Umsetzung der Vorzugsvariante erhebliche Eingriffe in die Emsbach-Aue verursachen, die vor dem Hintergrund der inzwischen geltenden europarechtlichen Anforderungen an den Gewässerschutz zu erheblichen Zweifeln an der Rechtssicherheit der damaligen Planung im Hinblick auf das anstehende Planfeststellungsverfahren geführt haben", schreibt der Minister.
Auswirkungen auf das Landschaftsbild
Eine Aktualisierung der Vorzugsvariante scheide wegen sehr hoher Kosten, ebenfalls erheblicher Eingriffe in die Emsbach-Aue, negativen Auswirkungen auf das Landschaftsbild und zusätzlichen privaten Grunderwerbs aus. Dies werde den Anforderungen an eine rechtssichere Planung nicht gerecht. Daher habe sich Hessen-Mobil für ein neues Konzept entschieden. Das Ministerium bezeichnet die Beseitigung des Bahnübergangs als "aus Verkehrssicherheitsgründen notwendig". Hinzu kommt, dass die Brechener sich verstärkt für eine Umgehung der Bundesstraße B 8 einsetzen. Im Gegensatz zur Nachbarkommune Bad Camberg (hier gibt es fertige Planungen und eine Verwirklichung steht an) stecken die Ansätze in Niederbrechen in puncto Umgehungsstraße noch in den Kinderschuhen, auch wenn das Gesamtprojekt der B-8-Umgehungen, die von Limburg bis Waldems gefordert werden, im Bundesverkehrswegeplan Priorität genießt.
In der Zusammenschau der beiden Brechener Projekte (Umgehungsstraße und Bahnübergang) wertet das Landesverkehrsministerium die Sache so: "Die Planung der Bahnübergangsbeseitigung ist ein aus Verkehrssicherheitsgründen notwendiges Projekt, das von Hessen-Mobil mit Nachdruck bearbeitet wird. Die Ortsumgehung Brechen ist eine Maßnahme des Bedarfsplans für die Bundesfernstraßen, die aufgrund der begrenzten Personalkapazität bei Hessen-Mobil vorerst nicht begonnen wird." Mit anderen Worten: Wie weit man in Sachen B-8-Umgehung kommen wird, steht derzeit nicht fest.
Es handele sich um zwei voneinander unabhängige Maßnahmen. Im Rahmen der neuen Konzeption zur Beseitigung des Bahnübergangs werde jedoch geprüft, "in welchem Umfang planerische Zusammenhänge bestehen, aufgrund derer eine integrierte Planung der beiden Maßnahmen aus fachlichen Gründen notwendig ist. Dies soll die Beseitigung des Bahnübergangs nicht verzögern, könnte aber die Umsetzung der Ortsumgehung beschleunigen."
Schardt-Sauer fordert schnelle Umsetzung
Die FDP-Landtagsabgeordnete Marion Schardt-Sauer wertet die Antwort von Minister Tarek Al-Wazir (Bündnis 90/Die Grünen) als mehr als ernüchternd. Schardt-Sauer: "Auch vor dem Hintergrund, dass die Planung der Ortsumgehungen von Lindenholzhausen und Niederbrechen ebenfalls immer weiter rausgeschoben wird, muss man den Eindruck gewinnen, dass der Verkehrsminister kein Interesse an der Verbesserung der Infrastruktur im ländlichen Raum hat." Bei dem nun neu beginnenden Planungsverfahren dringt die FDP-Kreisvorsitzende auf schnelle Umsetzung. "Bis Ende 2022 soll eine neue Vorplanung vorliegen. Damit sind mehr als zehn Jahre seit der ersten Vorplanung verloren gegangen. Das man in dem neuen Planungsverfahren nun die Beseitigung des Bahnübergangs mit der Ortsumgehung verknüpft, ist sinnvoll. Ich werde mich jedenfalls weiter dafür einsetzen, dass die Planung so schnell wie möglich erfolgt und dann auch die Bagger irgendwann in Lindenholzhausen und Niederbrechen rollen können."pp
Hinweis: Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.
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