Limburg-Lindenholzhausen. Immer fröhlich und aktiv – trotz einer extrem seltenen Stoffwechselerkrankung: Johanna Otto (5) leidet unter dem „4H-Syndrom“. Über ihren Alltag sprach NNP-Mitarbeiter Johannes Koenig mit der Familie ...
Trotz ihrer seltenen Stoffwechselerkrankung ist die fünfjährige Johanna Otto der „Sonnenschein der Familie“
Der verglaste Fahrstuhl führt direkt ins Wohnzimmer, wo mitten im Raum noch ein kleiner abgedeckter Sandkasten steht. „Das hat auch nicht jeder“, lacht Hausherrin Monika Otto. Nutzerin dieser eher ungewöhnlichen Einrichtung ist ihre Tochter Johanna (5). Das Kind leidet unter dem sogenannten „4H-Syndrom“, einer extrem seltenen genetischen Erkrankung, die es in Europa nur etwa hundert Mal gibt.
„Die Krankheit wird vererbt. Wir beide haben jeweils den selben Gen-Defekt“, erklärt Monika Otto mit Blick auf ihren Mann Jörg, der neben ihr sitzt, während Johanna mit ihren Geschwistern Lina (17) und Felix (14) spielt. Die beiden stammen aus einer früheren Beziehung und haben einen anderen Vater. „Jeder hat Defekte im Erbgut, das ist ganz normal“ – davon oder gar vom 4H-Syndrom ahnte das Ehepaar aber lange Zeit nichts. Denn Johanna entwickelte sich in den ersten Lebensjahren normal.
Zufalls-Diagnose
Stutzig wurden die Eltern erst, als die Zeit für die ersten Gehversuche kam, in der Kinder beginnen, sich hochzuziehen. „Das wird schon noch passieren“, beruhigten die behandelnden Ärzte die besorgte Mutter. Durch Zufall kam die Familie dann auf die richtige Spur: Ein Arzt an der Deutschen Klinik für Diagnostik in Wiesbaden bat sie um Erlaubnis, das von Johannas Gehirn gemachte MRT-Bild einer Kollegin in Amsterdam zeigen zu dürfen. Diese stellte dann auch die richtige Diagnose. „Johanna fehlt die weiße Gehirnflüssigkeit, die normalerweise die Nervenbahnen im Gehirn isoliert. Mit der Folge, dass die vom Gehirn ausgesandten Signale diffus in alle Richtungen gehen und nicht oder unvollständig beim Empfänger ankommen“, beschreibt Jörg Otto die Krankheit.
Für Johanna bedeutet das, dass sie unter motorischen Störungen leidet. Sie kann nicht laufen, nicht ohne Hilfe aufrecht stehen sie spricht undeutlich. Sie ist immer auf Hilfe beziehungsweise einen Rollstuhl angewiesen. „Ihr Zustand wird schon wieder schlechter. Früher war sie im Raum noch selbst mit dem Rollator unterwegs. Das ist inzwischen auch schon wieder zurückgegangen“, weiß die Mutter. Wie sich Johannas Gesundheit in Zukunft entwickeln wird, bleibt offen. „Sie wird vermutlich nie rechnen und schreiben können. Nach dem Kindergarten wird sie dann die Astrid-Lindgren-Schule besuchen“, ergänzt Jörg Otto.
Immer gut gelaunt
Trotz aller Einschränkungen ist Johanna immer gut gelaunt, hat ihren Willen, „ihr Schnabel“ steht nie still und ihr Lieblingsessen sind Pommes, sagt die Mutter. „Wir nehmen sie auch überall mit hin, auch zur Kirmes, den Karneval oder zum Skiurlaub.“ Am liebsten fährt Johanna aber mit ans Meer zum regelmäßigen Urlaub auf Fehmarn. Für den Zweck hat sich die Familie einen Bus gekauft, um auch den Rollstuhl mitnehmen zu können. „Man fängt dann an, sich selbst über zugeparkte Behindertenparkplätze zu ärgern“, sagt der Vater. Insgesamt reagierten Menschen aber normal auf Johanna.
Hilfe aus dem Dorf
„Uns allen geht es soweit ganz gut und wir kommen zurecht“, betont Monika Otto noch. Unterstützt wird die Familie auch von der Dorfgemeinschaft und den verschiedenen Vereinen, wie zum Beispiel dem TuS. Zusätzlich sind sie Mitglied im gemeinnützigen Verein „ELA“. Dieser hat sich dem Kampf gegen Leukodystrophien verschrieben, wie die Stoffwechselkrankheiten heißen, zu denen auch das 4H-Syndrom zählt. Ein- bis zwei Mal im Jahr treffen sich Mitglieder zu „Familientreffen“. Eine Gelegenheit, sich auszutauschen, nützliche Kontakte zu knüpfen und gemeinsam mit anderen Betroffenen einen schönen Tag zu verbringen. koe
Hinweis: Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.
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