Limburg. Im Trubel um den Bischof ist der vorangegangene Finanzskandal im Bistum (fast) in Vergessenheit geraten. Ob der aktuelle Fall jemals vor Gericht landen wird, ist fraglich – der Millionenbetrug im Rentamt beschäftigt dagegen seit Jahren die Justiz. Und tut es weiter, obwohl der Ex-Kassenchef wieder auf freiem Fuß ist. Inzwischen fließt auch Geld in die Kirchenkasse zurück ...
Bild: Diese Villa in der Prälat-Stein-Straße in Lindenholzhausen ist jetzt für 520 000 Euro verkauft worden; 250 000 Euro davon erhält das Bistum. Foto: Schöner Wohnen
Von Joachim Heidersdorf
Mehr als ein Jahr lang war es nach außen hin ruhig im Fall Jung-Diefenbach, verschiedene Verfahren halten aber nach wie vor die Justiz und das Bistum in Atem. Jetzt hat das Limburger Landgericht das letzte Strafverfahren beendet – und die Anklage der Staatsanwaltschaft gegen Tochter und Schwiegersohn des verurteilten Millionenbetrügers wegen Geldwäsche nicht zur Hauptverhandlung zugelassen.
Die Strafverfolger hatten diesen Tatvorwurf im Zusammenhang mit der Übertragung einer Haushälfte bereits im Herbst 2012 erhoben; die Richter brauchten aus verschiedenen Gründen viel Zeit. Die zuständige 5. Große Strafkammer veranlasste umfangreiche Nachermittlungen, konnte die Ergebnisse jedoch nicht bearbeiten, weil sie nicht vollständig besetzt war. Schließlich erwies sich die Prüfung rechtlicher Fragen als sehr kompliziert. .
Die Akte kann damit allerdings noch nicht endgültig geschlossen werden. „Wir haben sofortige Beschwerde eingelegt“, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Michael Sagebiel gestern auf Anfrage der NNP. Die Sache wird, wie schon so viele zuvor in dieser Auseinandersetzung, dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt zur Entscheidung vorgelegt. Beim OLG sind noch mehrere Zivilverfahren anhängig, beim Landgericht Limburg drei.
„Es wird alles vollstreckt“
Es gibt aber endlich auch konkrete Ergebnisse für das Bistum, das hinsichtlich der vereinbarten Wiedergutmachung des im Herbst 2009 entdeckten Millionenschadens bislang in die Röhre schaute. Die Diözese hatte zwar mehrere Titel, doch keinerlei Mittel . . . In den nächsten Tagen fließen rund 250 000 Euro in die Kasse, die gleiche Summe soll in den nächsten Wochen folgen – durch den Verkauf von zwei Immobilien in Lindenholzhausen.
„Wir sind inzwischen auf einem guten Weg“, sagte der Justitiar des Bistums, Professor Gernot Sydow, gestern der NNP. „Es wird alles vollstreckt, was möglich ist – auch gegen die Familienangehörigen“, so Sydow.
In einem Vergleich mit dem Bistum vor dem Landesarbeitsgericht Frankfurt hatte sich Werner Jung-Diefenbach im Dezember 2012 verpflichtet, 3,5 Millionen Euro nebst Zinsen zurückzuzahlen. Das Bistum hat noch 29 Jahre die Möglichkeit, die Vermögenswerte der langjährigen Führungskraft zu pfänden – unabhängig davon, ob sie schon bekannt sind oder in Zukunft aufgefunden werden. Die Verantwortlichen im Bischöflichen Ordinariat (BO) gehen nach wie vor davon aus, dass der Ex-Rentamtsleiter noch viel Geld versteckt hat.
Das beste gut verwertbare Objekt für die Wiedergutmachung ist vor Kurzem veräußert worden: Die auch in einer Wohnzeitschrift präsentierte Villa einer der beiden Töchter in der Prälat-Stein-Straße in Lindenholzhausen. Um dieses Haus geht es auch im Verfahren um mögliche Geldwäsche. Von der Kaufsumme von 520 000 Euro behält die Kreissparkasse 270 000 Euro ein, die bei der Grundschuld vorrangig eingetragen war. 250 000 Euro erhält das Bistum. Zu diesem Preis soll demnächst ein weiteres Haus der Familie im Auenweg den Besitzer wechseln. Das ältere Gebäude ist seit Längerem Eigentum des Bistums,
Familie blockiert weiter
Zusätzlich hat das Bistum bereits 43 000 Euro von Werner Jung-Diefenbach und 12 500 Euro von dessen Ehefrau gepfändet; unter anderem Anteile an Eigentumswohnungen in der Frankfurter Straße in Lindenholzhausen und in Dehrn sowie eine Lebensversicherung und Altersversorgungsansprüche. Die BO-Vertreter treiben auch kleinere Summen ein; zum Beispiel Miet- und Pachteinnahmen, darunter vierteljährlich 457 Euro für eine Photovoltaikanlage. „Diese Konsequenz ist uns symbolisch wichtig“, erklärt Gernot Sydow. „Der frühere Mitarbeiter und seine Familie sollen nicht mehr von Geschäften profitieren, die mit Kirchengeld finanziert worden sind.“
Nach Angaben des Justitiars blockieren Werner Jung-Diefenbach und seine Familie nach wie vor die finanzielle Wiedergutmachung, wo sie nur können. „Sie werfen uns einen Stein nach dem anderen in den Weg“, sagt Sydow.
Beim verurteilten Millionenbetrüger ist der Fall nach dem Vergleich zumindest juristisch klar, mit den Angehörigen streitet die Diözese unerbittlich weiter. Bislang gibt es gegen Tochter und Schwiegersohn, denen die Villa in der Prälat-Stein-Straße gehörte, einen Titel über 487 000 Euro. Im selben Verfahren sind noch weitere Ansprüche gegen das Paar beim Oberlandesgericht anhängig. „Da sind wir immer noch im sogenannten Erkenntnisverfahren“, erläutert Gernot Sydow. Dabei wird festgestellt, wer was wem schuldet.
Undurchsichtige Geldflüsse
Was hat Jung-Diefenbach bar gezahlt und was hat er alles finanziert – von Architektenhonoraren über Handwerkerleistungen bis zu Luxusreisen? Die teilweise undurchsichtigen Geldflüsse waren auch Anlass für die 5. Strafkammer des Landgerichts, die Polizei mit Nachermittlungen zu beauftragen. „Eine riesige Detailarbeit“, sagt der Vorsitzende Richter Dr. Andreas Janisch. Die Entscheidung über die Anklage wegen Geldwäsche sei rechtlich sehr schwierig gewesen.
Eine der Töchter Jung-Diefenbachs hatte ihrem Mann am 22. Januar 2010 die Hälfte des überwiegend mit veruntreuten Geldern des Bistums finanzierten Hauses in der Prälat-Stein-Straße übertragen – als der Betrug ihres Vaters bekannt war. Laut Staatsanwaltschaft geschah dies mit dem Ziel der Vermögenssicherung, um die Zwangsvollstreckung zu vereiteln.
Strafantrag kam zu spät
Aufgrund dieses Delikts konnte die angeklagte Tat jedoch nicht verfolgt werden, weil das Bistum den Strafantrag zu spät gestellt hatte (im Februar 2011). Dies hätte spätestens drei Monate nach Kenntnis der zur Last gelegten Vermögensübertragung erfolgen müssen.
In diesem Punkt sind sich Staatsanwaltschaft und Landgericht einig, den Straftatbestand der Geldwäsche bewerten beide Stellen unterschiedlich. „Eine Strafbarkeit wegen Geldwäsche scheidet aus, wenn zuvor ein Dritter den Gegenstand erlangt hat, ohne hierdurch eine Straftat zu begehen“, heißt es in der Entscheidung der 5. Strafkammer. Janisch: „Bei der Auslegung des Gesetzes, wer Dritter ist, stellen sich schwierige, in der obergerichtlichen Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärte Fragen.“ Auch die muss nun also das OLG beantworten. Fortsetzung folgt in dieser unendlichen Geschichte.
Der langjährige Rentamtsleiter Werner Jung-Diefenbach hat das Bistum um rund fünf Millionen Euro betrogen.
Untreue in 362 Fällen
Der langjährige Rentamtsleiter Werner Jung-Diefenbach hat das Bistum um rund fünf Millionen Euro betrogen. Der bis dahin in der Region hoch angesehene Mann aus Lindenholzhausen ist am 12. März 2010 vom Limburger Landgericht wegen Untreue in 362 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten verurteilt worden. Jung-Diefenbach, der seit Oktober 2009 in Untersuchungshaft saß, wurde wegen guter Führung vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen. hei
Artikel vom 08.03.2014, 03:30 Uhr (letzte Änderung 08.03.2014, 03:32 Uhr)
[Hier] im Webauftritt von Lindenholzhausen.de finden Sie unseren Artikel "Untreue-Prozess: Berichte & Ergebnisse" mit der Historie und entsprechenden Links.
Hinweis: Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.
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