Limburg-Lindenholzhausen. Zwei Fußballer der TuS Lindenholzhausen sind auf einem Foto zu sehen, das sie auf Mallorca beim Feiern zeigt - ohne Maske und ohne großen Abstand ...
Bild: Ein Freitagabend auf Mallorca. Trotz Corona feiern diese jungen Menschen ohne großen Abstand, darunter zwei Fußballer der TuS Lindenholzhausen. Foto: privat
VON STEFAN DICKMANN
Der Wirbel ist groß, die Spieler sehen ihren Fehler ein, und der Verein wundert sich über harsche Reaktionen.
Vor Kurzem bekam ein Spieler von Schalke 04 mächtig Ärger. Er hatte sich privat in einem Dortmund-Trikot fotografieren lassen. Das ist aus Sicht der Schalker eine Todsünde. Nun sorgen zwei Fußballer der TuS Lindenholzhausen für Wirbel, den es vermutlich gar nicht gegeben hätte, wenn sie nicht Trikots mit dem Schriftzug ihres Vereins auf dem Rücken getragen hätten.
Das Foto, das auch im Internet kursiert, ist am 10. Juli auf Mallorca entstanden, aufgenommen von einem Fotografen, der auf der Insel lebt. Es zeigt junge Menschen, die an diesem Freitagabend auf der "Biermeile" in Palma sehr eng zusammen stehen und keine Masken tragen, darunter auch die beiden Fußballer. Vor Corona hätte das niemand interessiert, seit Corona ist es ein Problem.
Der Fotograf verkaufte die Bilder, die den skurrilen Alltag in Corona-Zeiten auf Deutschlands Party-Insel dokumentieren, und seitdem kursiert das Bild mit den Fußballern aus Lindenholzhausen auch im Internet. Der WDR veröffentlichte es zum Beispiel auf Twitter, versehen mit dem Kommentar "#Mallorca ohne Party - das ist für einige deutsche Touristen offenbar nicht machbar". Ein weiterer Nutzer dieses sozialen Netzwerks kommentierte das Foto mit den deftigen Worten: "Euch soll doch der Blitz beim Sch. . . treffen. . ."
Frau fordert sogar Auflösung der TuS
Der 1. Vorsitzende der TuS Lindenholzhausen, Ulrich Jung, bekam wegen des Fotos mit den beiden Fußballern auf einmal mehrere E-Mails, zum großen Teil anonym, deren Inhalt er als zumindest "schräg" empfindet. "Schämen Sie sich", habe ihm einer geschrieben. Eine Frau habe sogar gefordert, der Verein solle sich am besten gleich auflösen. "Immerhin hatte sie mit ihrem Namen unterschrieben", sagt Jung, der sich über die "unangemessene Empörung" wundert. Da werde - aus Sicht des Vereins durchaus zu Recht - ein Verhalten zweier Fußballer kritisiert von Menschen, die gleichwohl anonym schreiben und auf eine übliche Anrede verzichten. Da werde mit zweierlei Maß gemessen.
Die beiden jungen Männer sind inzwischen wieder zu Hause und haben selbst sehr schnell gemerkt, dass es keine so gute Idee war, in Corona-Zeiten abends die Nähe zu anderen jungen Menschen zu suchen und sich des Risikos einer Ansteckung auszusetzen.
Als ihnen das bewusst wurde, reagierten sie nach Angaben des Vereins sofort: Sie informierten noch auf Mallorca ihren Verein zu Hause, beichteten ihren Fehltritt, räumten ein, einen Fehler gemacht zu haben, ließen sich zu Hause in Deutschland (negativ) testen, begaben sich freiwillig in Selbstisolation und wollen sich nach 14 Tagen ohne Kontakt zu anderen noch- mal testen lassen. So berichtet es gestern Uwe Bergmann, der Leiter der Fußballabteilung. "Klar, das war ein Fehler der beiden", sagt er. "Aber für uns ist der Vorfall nach der Entschuldigung abgehakt." Die Spieler hätten sich, nachdem sie ihren Fehler selbst eingesehen hatten, korrekt verhalten. Andernfalls hätte der Verein darauf bestanden, dass sie sich in Selbstisolation begeben. Der 1. Vorsitzende lobt, dass die Spieler, die einen Fehler begangen hätten, von sich aus aktiv geworden seien und sofort die richtigen Schlüsse gezogen hätten.
Fotograf erhielt Morddrohungen
Und dann ist da noch der Fotograf auf Mallorca, mit dem diese Zeitung sprach, um sein Bild veröffentlichen zu dürfen, und der zunächst gezögert hat, das Bild kostenpflichtig zur Verfügung zu stellen. Namentlich möchte er in der Bildunterschrift nicht genannt werden. Nachdem das Bild veröffentlicht worden sei, habe er sogar Morddrohungen erhalten.
Die Angst bei denen, die auf Mallorca vom Tourismus leben und sich um ihre Existenz sorgen, wenn der gastronomische Betrieb wieder runtergefahren wird, ist offenbar groß. Dabei hat der Fotograf nur das gemacht, was die Aufgabe eines jeden Journalisten ist: Zeigen und schreiben, was ist.
Hört endlich auf, euch im Internet über alles und nichts zu empören
KOMMENTAR VON STEFAN DICKMANN
Die wahre Währung im Internet sind keine Bitcoins, also virtuelles Geld, sondern ein einziges Gefühl: Empörung. Es gibt nichts, über das sich Menschen in sozialen Netzwerken nicht empören können. Ich empöre mich, also bin ich.
Der Unterschied zwischen durchaus berechtigter Kritik über dieses und jenes und der Empörung ist die von den Empörten vereinnahmte Moral, immer und ohne jede Ausnahme auf der "richtigen" Seite zu stehen. Erstaunlicherweise mit der Erkenntnis, dass die Empörten sich selbst nicht mehr als Menschen wahrnehmen, die auch (mal) Fehler machen wie die beiden Fußballer der TuS Lindenholzhausen. Die Empörten haben entschieden, dass Fehler immer nur die anderen machen. Die Empörten fahren auf der Autobahn niemals zu schnell, die Empörten gehen nachts als Fußgänger nie bei Rot über die Ampel. Die Empörten halten sich immer an die Mittagsruhe.
Die Empörten sind so perfekt, dass man alles sein möchte, nur eins nicht: jemals perfekt sein.
Anmerkung Webteam
[Hier] ein Bericht mit Video, wie es wohl wirklich auf zuging.
Man beachte besonders die Szene ab Minute 08:55.
[Hier] findet man einen weiteren Bericht.
Hinweis: Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.
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