Limburg. Knapp 2,5 Millionen Euro zahlten Grundstückseigentümer von 2007 bis 2018 für den Zweitausbau von Straßen in Limburg. Geht es nach den Stadtverordneten, bekommen sie ihr Geld zurück, geht es nach der Stadt, bleibt die Summe im Stadtsäckel. Im Januar soll es einen Verhandlungstermin vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden geben ...

Die 2017 in Limburg sanierte Ferdinand-Dirichs-Straße fiel zwar noch unter die damals gültige Zweitausbausatzung. Aber die Grundstückseigentümer profitierten von der Abschaffung der Satzung ein Jahr später und müssen keine Straßenbeiträge zahlen.Foto: DickmannBild: Die 2017 in Limburg sanierte Ferdinand-Dirichs-Straße fiel zwar noch unter die damals gültige Zweitausbausatzung. Aber die Grundstückseigentümer profitierten von der Abschaffung der Satzung ein Jahr später und müssen keine Straßenbeiträge zahlen.Foto: Dickmann

VON STEFAN DICKMANN

Im Januar verhandelt das Verwaltungsgericht darüber, ob Straßenbeiträge zurückgezahlt werden dürfen

Im Laufe des nächsten Jahres dürfte entschieden werden, ob die Grundstückseigentümer von insgesamt 21 Straßen sowie Straßenabschnitten in Limburg ihre zwischen 2007 und 2018 gezahlten Straßenbeiträge (Zweitausbausatzung) erstattet bekommen oder nicht. Die von Anfang an hochumstrittenen Satzung war 2018 abgeschafft worden.

In einem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden soll geklärt werden, was mit den in diesem Zeitraum erhobenen Beiträgen passieren soll. Die Stadtverordneten haben beschlossen, dass die Straßenbeiträge in Höhe von insgesamt rund 2,5 Millionen Euro zurückgezahlt werden sollen. Dagegen hat Bürgermeister Dr. Marius Hahn (SPD) aus formalen Gründen sein Veto eingelegt. Das Verwaltungsgericht muss nun klären, ob eine Erstattung der Beiträge erlaubt ist. Im Januar soll es einen öffentlichen Verhandlungstermin geben.

Die Stadt hat inzwischen Stellung genommen und eine Frage der zuständigen Verwaltungsrichterin beantwortet, ob im Jahr 2007 in Limburg die Einführung einer Zweitausbausatzung aus Sicht der Stadt erforderlich gewesen sei. Die Stadt bejaht diese Frage eindeutig. Sie stellt fest, dass sie zwischen 2007 und 2018 in insgesamt drei Haushaltsjahren (2007, 2008 und 2014) gezwungen gewesen sei, Kredite in Höhe von 1,8 Millionen Euro, 1,7 Millionen Euro und 2,2 Millionen Euro aufzunehmen. Zwischen 2008 und 2014 habe die Stadt zusätzlich ein Haushaltssicherungskonzept benötigt. Und die Haushalte seien von 2008 bis 2016 alle defizitär gewesen.

Höhere Steuersätze

Dementsprechend habe die Stadt im gleichen Zeitraum die Hebesätze für die Grundsteuer A und Grundsteuer B sowie die Gewerbesteuer erhöhen müssen - wobei nach der Auflistung der Stadt die Hebesätze zwischen 2008 und 2013 stabil geblieben sind und es eine erste Erhöhung erst im Haushaltsjahr 2014 für diese drei Steuern gab (und eine weitere Erhöhung von 2016 an für die beiden Grundsteuern). Gleichwohl argumentiert die Stadt gegenüber dem Verwaltungsgericht, bei einem Verzicht auf die Straßenbeiträge hätte die Erhöhung der Hebesätze "noch deutlich höher ausfallen müssen".

Die Stadt macht schließlich auf die strikte Haltung der Kommunalaufsicht im Jahr 2007 aufmerksam, wonach die Stadt Limburg "verpflichtet" sei, eine Straßenbeitragssatzung zu erlassen. Ein ausgeglichener Haushalt tauge nicht als Gegenargument, weil dieser auch durch die Aufnahme von Krediten ausgeglichen werden könne.

19 Straßen und Straßenabschnitte sind nach der Zweitausbausatzung bereits abgerechnet worden. Zwei Straßen würden noch folgen, wie der Sprecher der Stadt, Johannes Laubach, auf Anfrage mitteilt.

Abgerechnet worden sind folgende Straßen und Abschnitte:

  • Limburg: Adolfstraße, Bahnhofstraße (zwischen Schiede und Neumarkt), Industriestraße (zwischen Stephanshügel und Kreisel), Freiherr-vom-Stein-Platz, Walderdorffstraße, Werner-Senger-Straße (zwischen Hospitalstraße und Diezer Straße sowie zwischen Graupfortstraße und Hospitalstraße). Dazu kommen die untere Bahnhofstraße und die Grabenstraße.
  • Lindenholzhausen: Frankfurter Straße, Kirchstraße, Stiegelstraße (zwischen Wendlinusstraße und Fahnenstraße sowie zwischen Fahnenstraße und Edeka), Wendlinusstraße/Kirchfelder Straße.
  • Linter: Mainzer Straße.
  • Staffel: Haiger Straße, Kirschenberg (zwischen Buchenweg und Birnbaumweg sowie zwischen Buchenweg und Ende), Kurt-Schumacher-Straße/Bergstraße, Niederstaffeler Straße.

Landesgesetz geändert

Glück mit der rechtzeitigen Abschaffung der Zweitausbausatzung hatten dagegen die Eigentümer in folgenden sanierten Straßen, weil sie keine Beiträge mehr zahlen mussten: Ferdinand-Dirichs-Straße in der Kernstadt, Dehrner Straße (Ortsdurchfahrt) in Ahlbach, Limburger Straße (Ortsdurchfahrt in Dietkirchen), Josefstraße in Offheim und Heidestraße in Linter. Insgesamt hätten die Eigentümer in diesen Straßen eine Summe von 776 000 Euro aufbringen müssen.

Der Rechtsanwalt der Stadtverordneten, Dieter Schlempp, seit jeher ein Gegner von Straßenbeiträgen im Zweitausbau, ist überzeugt, dass die Limburger Stadtverordneten das Recht haben, die gezahlten Straßenbeiträge zurückerstatten zu dürfen. Noch nicht klar ist, ob sich der Anwalt der Stadtverordneten mit der Argumentation der Stadt zufriedengibt, wonach es 2007 keine Alternative zur Erhebung von Straßenbeiträgen gab oder ein externes Gutachten verlangt. Schlempp hatte schon im Jahr 2006 argumentiert, es liege im Ermessen einer Stadt, darüber zu befinden, wie sie sich notwendige Einnahmen beschafft - im Grunde also nicht gezwungen werden dürfe, Straßenbeiträge zu erheben.

Die 2018 erfolgte Abschaffung der Zweitausbausatzung in Limburg war rechtssicher möglich geworden, nachdem das Land Hessen ein Gesetz geändert hatte. Seitdem ist es Kommunen freigestellt, solche Satzungen zu erlassen oder auch nicht. Davor gab es eine "Soll"-Bestimmung für klamme Kommunen, nach dem Verständnis vieler Juristen eine "Muss"-Bestimmung.

HinVerwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.weis: Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.

 

 

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