Brechen-Niederbrechen. „Brücke zwischen Deutschland und Russland“ hatten sich die Sänger vom Stillen Don aus Rostow genannt, die sie „Frohsinn“ Niederbrechen zum 100-jährigen Bestehen gewidmet hatten. Diese Brücke besteht bis heute, auch wenn es die Sänger vom Stillen Don seit einigen Jahren nicht mehr gibt. Sie wird seitdem vom Kammerchor „Lik“ mitgetragen, in dem viele Sänger des ehemaligen Chors eine neue musikalische Heimat gefunden haben ...
Seit über 20 Jahren pflegt der „Frohsinn“ die Verbindung zu russischen Sängern
VON URSULA KÖNIGSTEIN
Mit dem Chorfestival der „Cäcilia“ vor 22 Jahren im benachbarten Lindenholzhausen nahm eine deutsch-russische Chorfreundschaft ihren Anfang, die bis heute Bestand hat. Die „Cäcilia“ habe damals angefragt, ob der „Frohsinn“ bereit sei, einen der teilnehmenden Chöre für vier Festivaltage aufzunehmen, erinnern sich der damalige Vorsitzende Helmut Schneider und Gerd Dernbach, seinerzeit Schriftführer. Unter drei zur Auswahl stehenden Chören hätten sie sich für den zahlenmäßig kleinsten entschieden, den aus Rostow, mit rund 40 Sängerinnen, Sängern und Musikern. Die Chemie zwischen den weit gereisten Gästen und den aufnehmenden Frohsinn-Familien stimmte sofort, alle waren von Anfang an voneinander angetan. In diesen Tagen ist der russische Chor zum wiederholten Mal in Niederbrechen zu Gast und gibt dort und in der Umgebung mehrere Konzerte.
Damals war das so: Chor und Musiker ließen sich auch nicht lange bitten, neben ihren Auftritten in Lindenholzhausen eine goldene Hochzeit mit ihrem Gesang zu verschönern und ein Konzert in der Kirche zu geben. An einem freien Tag unternahmen Gastgeber und Gäste einen Ausflug an den Rhein, und zum Abschluss wurde im Garten der Familie Schneider ein rauschendes Fest gefeiert, bei dem natürlich, wie es sich bei zwei Chören gehört, der Gesang im Mittelpunkt stand, zur großen Freude auch der Anwohner, die auf diese Weise unverhofft zu einem Konzert der Spitzenklasse kamen.
Drei Tage mit dem Bus
Die ersten Deutschlandreisen des russischen Chors waren abenteuerlich. Drei Tage waren die Sängerinnen und Sänger mit dem Bus von Rostow in den Goldenen Grund unterwegs, ihr Fahrzeug hatten sie mit improvisierten Liegen ausgestattet, um auf dem langen Weg so wenig wie möglich Zeit zu verlieren. Außerdem war damals das Geld noch sehr knapp, Hotelübernachtungen hätten ihr knappes Budget gesprengt. In den späteren Jahren, als sich die wirtschaftlichen Verhältnisse in Russland allmählich verbesserten, konnten sie mit dem Zug reisen, was eine wesentliche Erleichterung bedeutete, und heute, mit den günstigen Flugreise-Angeboten, können sie auch per Flugzeug kommen. So brauchen sie nicht mehr, wie Gerd Dernbach erzählt, in Frankfurt/Oder in Empfang genommen werden, um dann mit günstigeren Gruppentickets weiterzureisen.
Zu Gast in den Familien
1998 fuhr eine Gruppe des „Frohsinn“ auf Einladung der Sänger vom Stillen Don erstmals nach Russland. Zu Gast waren die Niederbrechener in den russischen Familien, die ihnen unvergessliche Tage bereiteten. Gemeinsam unternahmen sie Ausflüge in die ob der großen Entfernungen weitere Umgebung von Rostow und lernten so eine ganz andere Welt kennen, die damals noch von Armut geprägt war und sich deutlich von den heutigen, weitaus besseren Verhältnissen unterschied. Wie sehr, das wurde zuletzt bei der ausführlichen Berichterstattung über Russland während der kürzlichen Fußball-Weltmeisterschaft deutlich, die natürlich intensiv verfolgt wurde, denn im Laufe ihrer verschiedenen Russland-Reisen hatten sie alle Austragungsorte der WM-Spiele besucht, und natürlich viele andere Orte und Landschaften mehr, das Schwarze Meer zum Beispiel und den Kaukasus, wo sie am Elbrus mitten im Sommer mit Sandalen an den Füßen im Schnee gestanden hätten, wie Helmut Schneider lachend erzählte. Dank der Verbindungen des damaligen Chorleiters Viktor Gontscharow, Leiter des Rachmaninov-Konservatoriums in Rostow, hatten die Besucher aus Deutschland Gelegenheit, besondere, eigens für sie organisierte Konzerte zu erleben, so eines der Rostower Sinfoniker, des Don-Kosaken-Ensembles und der dortigen Militärakademie, bei dem sich jede Waffengattung mit eigenen Darbietungen präsentierte.
Ein Ausflug führte sie damals in das etwa 60 Kilometer westlich von Rostow gelegene Taganrog, in der Mündungsbucht des Dons am Asowschen Meer, wo sie ein Konzert des Kammerchors „Lik“ erlebten, ohne zu ahnen, dass dieser Jahre später diese deutsch-russische Chorfreundschaft fortführen würde. Kaum verwunderlich aber angesichts der zahlreichen personellen Verbindungen, die schon früher nach Rostow bestanden.
Konservatorium Rostow
Zahlreiche „Lik“-Mitglieder absolvierten ihre Ausbildung am Konservatorium in Rostow, darunter Alexej Loginow, seit 1999 künstlerischer Leiter des Chors, der früher mit den Sängern vom stillen Don in Niederbrechen war. Nach dem plötzlichen Tod von Viktor Gontscharow lösten sich die Sänger vom Stillen Don auf, etwa die Hälfte des Chors wechselte zu „Lik“, der nun zum zweiten Mal in Niederbrechen zu Gast ist. Wie in all den Jahren zuvor sind die Sängerinnen, Sänger und Musiker in den Niederbrechener Gastfamilien untergebracht.
Taganrog wird mit Recht das musikalische Zentrum im Süden Russlands genannt. Neben dem Kammerchor „Lik“ bestehen dort ein Kammerorchester, ein Blasorchester und ein Volksinstrumente-Ensemble. Der Kammerchor wurde 1992 mit dem Ziel gegründet, die in Russland lange Jahre in Vergessenheit geratene geistliche Chorkultur wiedererstehen zu lassen. Dazu schlossen sich Lehrer, Absolventen und Studenten der Musikschulen in Taganrog zusammen und gewannen schon bald hohe Anerkennung in der näheren und weiteren Umgebung, sogar im Ausland. Das Repertoire umfasste zunächst anspruchsvolle liturgische Werke, unter anderem von Tschesnokow, Tschaikowsky, Archangelsky, aber auch von postsowjetischen Komponisten wie Swiridow und Khodosch. Künstlerischer Leiter des Chors ist seit 1999 Alexej Loginow, ein ausgezeichneter Absolvent des Rachmaninow-Konservatoriums in Rostow am Don und Schüler des Gründers von „Lik“, Valery Russanow. Er führte die Ideen seines Lehrers fort und erreichte mit dem Ensemble ein künstlerisches Niveau, mit dem es hohe Popularität im Süden Russlands gewann.
Mehr als 500 Werke
Das Repertoire umfasst heute mehr als 500 Werke der geistlichen und weltlichen Musik Russlands und Westeuropas von der Klassik bis zum Jazz und zur Volksmusik, so- dass sich daraus immer wieder neue abwechslungsreiche Konzertprogramme zu verschiedenen Festivals und anderen Anlässen entwickeln lassen. Insgesamt trat der Chor in den letzten fünf Jahren in mehr als 150 Konzerten im In- und Ausland auf.
Hinweis: Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.
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