Limburg-Lindenholzhausen. Die Frage, warum der im Jahr 1975 von den Vereinten Nationen ausgerufene "Internationale Frauentag" am heutigen 8. März in Deutschland relevant ist, taucht jedes Jahr erneut auf ...

Gudrun PreßlerFOTO: MALTESERBild: Gudrun PreßlerFOTO: MALTESER

LINDENHOLZHAUSEN - Gudrun Preßler hat ihren eigenen Weg gefunden, mit Stereotypen umzugehen

Dabei berichten Frauen auch bei uns noch von Stereotypen, Vorurteilen und Voreingenommenheit. "Brich die Voreingenommenheit" lautet deshalb das diesjährige Motto.

Dass veraltete Strukturen viele Gründe haben, davon kann auch Gudrun Preßler berichten. Die 37-Jährige ist im Februar nach zweijähriger Elternzeit an ihren Arbeitsplatz beim Malteser Hilfsdienst zurückgekehrt. Kein leichtes Unterfangen: Sie musste erst lernen, mit ihren Ansprüchen umzugehen und Anforderungen von außen zu bewältigen.

Gudrun Preßler lebt mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern in Lindenholzhausen. Ihre Tochter kam im Januar 2020 zur Welt - im ersten Pandemiejahr. "Unser Sohn war damals vier Jahre alt, ging in die Kita und die Umzugskisten waren so gut wie gepackt, weil wir in der Vorweihnachtszeit 2020 umgezogen sind", erinnert sie sich an die stressige Zeit. Im November 2019 hatte Gudrun Preßler, die einen Bachelor-Abschluss in Politikwissenschaft und einen Master in Politischer Kommunikation hat, ihre Stelle als Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit in der Diözesangeschäftsstelle des Malteser Hilfsdiensts in Limburg an ihre Elternzeitvertretung abgegeben, um sich ganz der Familie widmen zu können.

Erst Vollzeit, wegen der Familie Teilzeit

Jetzt hat sie ihre Arbeit bei den Maltesern wieder aufgenommen, "in Teilzeit", wie sie sagt, "denn Vollzeit schaffe ich nicht mehr." Weniger Arbeitsstunden - weniger Geld. "Dafür sind Verantwortung und Arbeitspensum geblieben", sagt die Kommunikationsfachfrau. Geändert hat sich dagegen ihr Aufgabenfeld, denn ihre Elternzeitvertretung ist geblieben, hat Preßlers alten Job übernommen. Heute ist Preßlers Schwerpunkt das Fundraising. "Ohne professionelle Mittelbeschaffung von Geld- und Sachspenden können Nichtregierungsorganisationen wie die Malteser nicht überleben", erklärt sie. Zudem sei der Malteser Hilfsdienst eine Ehrenamtsorganisation, und auch Ehrenamtliche müssten geworben werden. Viel Verantwortung für eine Teilzeitkraft. "Und Flexibilität", ergänzt sie, "denn plötzliche Krisen, wie jetzt der Krieg in der Ukraine, werfen in der Kommunikationsabteilung den Arbeitsalltag um, weil wir über die Einsätze der Malteser transparent berichten wollen und Geldspenden für schnelle Hilfe brauchen." Da gelte es einen kühlen Kopf zu bewahren, "aber auch Unterstützung bei der Kinderbetreuung einzufordern".

Omas, Opas, Tanten und Onkel helfen mit

Dafür, dass bei Familie Preßler der Alltag rund läuft, seien sie und ihr Mann beide verantwortlich, betont die Fundraiserin. "Wir stimmen gemeinsam ab, wer sich wann und wie um die Kinder kümmert, schmeißen den Haushalt und kommen im pandemiebedingten Homeoffice klar." Ohne "Omas und Opas, Tanten und Onkel aber auch Freunde, die in der gleichen Situation sind und mit denen wir uns die Kinderbetreuung teilen", gehe das nicht. Dabei habe sie erst lernen müssen, Hilfe einzufordern und auch, ihre eigenen Anforderungen an sich selbst zu bewältigen.

"Ich erlebe es so, dass Druck ausgeübt wird oder ich diesen empfinde, sei es gewollt oder ungewollt - und das von vielen Seiten", gibt sie zu. "In erster Linie ist es bei mir persönlich: Den eigenen Anspruch abzulegen, an vorher Geleistetes anzuknüpfen und möglichst in Teilzeit das zu leisten, was ich vorher in Vollzeit geschafft habe, das musste ich mir nach der ersten Elternzeit erst erarbeiten." Man wolle für alle erreichbar sein und Anfragen schnellstmöglich beantworten und stelle dann fest, dass das nicht möglich sei. "Das erzeugt Druck und das ungute Gefühl, nicht sein Bestes zu geben." Andererseits seien es die Erwartungen von Kollegen, die einen von vor der Elternzeit kennen und sich erst auf eine eingeschränkte Erreichbarkeit und Arbeitskapazität einstellen müssten. "Hinzu kommt für mich aber auch der gefühlte Druck von außen: Man kennt viele Mütter in der gleichen Situation, die schon viel früher wieder ins Berufsleben eingestiegen sind und es sogar schaffen, sich ehrenamtlich zu engagieren, und ebenso viele, die sich mehr Zeit für die Betreuung nehmen - und fragt sich, was ist nun das Richtige und ob man den Bedürfnissen seiner Kinder gerecht wird." Ihre Erfahrungen aus der ersten Elternzeit helfen Preßler dabei, sich heute gut zu organisieren und auf sich zu achten.

"Ich habe mich davon gelöst, mich an anderen zu orientieren, sondern versucht, meinen eigenen Weg zu finden. Das heißt, ich habe für mich überlegt, wann habe ich ein gutes Gefühl, mein Kind in die Kita zu schicken." Für sie selbst sei es nach zwei Jahren Zeit gewesen, "mich wieder Erwachsenenthemen zu widmen, und für meine Jüngste war es Zeit, mit Gleichaltrigen zusammen zu sein und eigene Erfahrungen außerhalb des geschützten familiären Umfeldes zu machen".

Nichtsdestotrotz bleibe es eine Herausforderung, Arbeitszeit, Haushalt und Kinderbetreuung "gerade auch unter Corona-Bedingungen mit regelmäßigen Kitaschließungen und Quarantänezeiten" unter einen Hut zu bringen.

Grundsätzlich sieht sie sich gut gewappnet für die Zukunft, denn neben ihrer Familie gebe ihr auch ihr Arbeitgeber die Freiräume und die technische Ausstattung, die sie braucht, um ihre Arbeitszeit flexibel zu gestalten. red

Für Geld- und Sachspenden werben

Gudrun Preßler, Jahrgang 1984, arbeitet seit dem Jahr 2013 beim Malteser Hilfsdienst in Limburg, bis 2016 in Vollzeit, nach ihrer ersten Elternzeit seit 2017 in Teilzeit. Zunächst als Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit hat sie nach ihrer zweiten Elternzeit im Februar das Referat für "Fundraising" übernommen. Sie verantwortet also die Werbung von Geld- und Sachspenden. Hier kann sie ihre Kenntnisse aus dem Studium der Politik- und Kommunikationswissenschaft, der Arbeit als crossmedialer Journalistin sowie einer durch die Malteser finanzierte Fundraising-Ausbildung einfließen lassen. red

Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.Hinweis: Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.