Der Wahl-Limburgerin Ingrid Hülskemper-Toews gehört das einzige Himbeerfeld im Landkreis

VON SARAH BERNHARD

Ingrid Hülskemper-Toews verkauft nicht einfach Himbeeren. Sie verkauft Himbeeren, die von ihr gepflanzt, gehegt und geliebt wurden. „Die Königin der Früchte“, nennt sie sie, „weil sie einfach etwas Besonderes sind“. Gesund, lange haltbar, lecker. „Ich habe heute bestimmt schon ein Pfund gegessen. Meine Lust darauf lässt nie nach.“

Dabei war die 58-Jährige als Kind über Himbeeren überhaupt nicht glücklich. Ihr Vater war einer der ersten Beerenbauern im Ruhrgebiet, natürlich musste sie mit aufs Feld. „Die anderen waren währenddessen im Schwimmbad. Aber immerhin hatte ich immer genügend Geld“, sagt sie. Später studierte Hülskemper-Toews Gartenbau, arbeitete beim Pflanzenschutzdienst in Frankfurt, bekam drei Kinder. Vor 13 Jahren, als die Kinder alt genug waren, um alleine zu bleiben, erinnerte sie sich an die Königin der Früchte – und beschloss, bei Ahlbach ein Himbeerfeld zu eröffnen.

Alles von Hand

Stock für Stock setzte sie in die Erde, band tagelang die jungen Triebe hoch, damit sie bei Wind nicht brechen, schnitt nach der Ernte die verbrauchten Triebe auf Bodenhöhe ab und begann im folgenden Jahr von neuem. „Alles von Hand, anders als bei Erdbeeren gibt es hierfür keine Maschinen.“ Nur zwischen September und November haben sie und ihre drei Mitarbeiterinnen, die im Lauf der Jahre Freundinnen wurden, Urlaub.

Weil das so ist, will Hülskemper-Toews, dass man ihre Pflanzen wertschätzt. Wenn Kunden einfach nur kommen, um sich vollzuessen, wenn Kinder unachtsam Beeren oder Blätter abreißen, dann ärgert sie sich. „Das ist, wie wenn ich in Ihrem Wohnzimmer einen Aschenbecher ausschütten würde. Das macht man einfach nicht.“ Aber eigentlich will sie über solche Menschen gar nicht reden. „Das sind sowieso nur ganz wenige.“

Hülskemper-Toews erkennt sie dennoch sofort, wenn sie aufs Feld zukommen. Sie kennt aber auch viele der übrigen Kunden. „In der Regel kommen sie aus dem gehobenen Mittelstand, sind oft älter und haben einen Bezug zum Acker oder Garten.“ Viele sind Stammgäste, nicht alle kommen aus der näheren Umgebung. „Marburg, Siegen, Koblenz, wir haben ein weites Einzugsgebiet.“ Gerade fährt ein Auto mit Gelsenkirchener Kennzeichen vor.

Kurz darauf klingelt das Erntetelefon. Rund 150 Anrufe bekommt Hülskemper-Toews am Tag, der erste kam kurz nach fünf. „Der Anrufer dachte, er bekäme eine Bandansage.“ Doch was Hülskemper-Toews zu sagen hat, ist zu komplex für ein Band: Dass das Feld in diesem Jahr von Ahlbach nach Lindenholzhausen gezogen ist, weil nach 13 Jahren Pflanzen und Boden ausgelaugt waren. Dass die Beeren heute groß und saftig sind. Und vor allem, dass genügend zum Pflücken da sind. Ist das nicht der Fall, bleibt das Feld geschlossen. „Ich will ja nicht, dass die Kunden umsonst kommen.“

Die 58-Jährige ist ein guter Gesprächspartner, nicht nur am Telefon. Auch viele Pflücker vertrauten ihr über die Jahre ihre Lebensgeschichten an. Als sie nach dem Studium nach Hessen kam, habe sie Schwierigkeiten mit der Mentalität gehabt, sagt sie. Mittlerweile wolle sie nicht mehr aus Limburg weg. „Ich mag es, am Samstag über den Markt zu gehen, und Hans und Franz zu treffen. Man kennt sich. Und das ist doch Heimat.“

Und auch ansonsten würde Ingrid Hülskemper-Toews alles wieder genauso machen. „Wir kommen alle vier aus der Familienphase, in der man immer nur gibt.“ Man mache Betten, koche, putze, doch alles sei nur von kurzer Dauer. „Hier schaffen wir eine halbe Reihe und am nächsten Tag machen wir genau da weiter, wo wir aufgehört haben. Das ist eine ganz andere Art der Genugtuung.“

Infos für Pflücker

Auf dem Himbeerfeld zwischen Lindenholzhausen und Mensfelden kann noch bis Ende kommender Woche gepflückt werden – wenn die Beeren so lange reichen. Wann geöffnet ist, kann man über das Erntetelefon unter (01 75) 5 43 22 77 erfragen. Ein selbst gepflücktes Kilo Himbeeren kostet 6,50 Euro, ein fertiges Körbchen12 Euro. sab

Hinweis: Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.

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