LIMBURG-WEILBURG. Im Jahr 2008 hat Jürgen Faßbender zusammen mit Axel Pfeiffer den Landesjugendchor Hessen (LJC) gegründet ...

Jürgen Faßbender hört beim Landesjugendchor Hessen als Leiter auf

Von Andreas E. Müller

Seit der Gründung leiten die beiden den Chor gemeinsam. Wir haben diese lange Phase zum Anlass genommen, mit Jürgen Faßbender einen Rückblick zu halten.

Beim LJC handelt es sich um einen – auch wenn dieser Begriff vielleicht etwas negativ besetzt ist – Auswahlchor. Eingeladen mitzusingen sind Sängerinnen und Sänger zwischen 16 und 28 Jahren. Sie müssen sich in einem der regelmäßig stattfindenden Vorsingen vorstellen. „Zielsetzung des Chores ist es, jungen Menschen den Kontakt zu Chormusik aus allen möglichen Epochen und Stilrichtungen zu ermöglichen“, erzählt Jürgen Faßbender. Dass dabei Kontakte mit Gleichgesinnten geknüpft werden, die oft weit und lang über die Zeit im LJC hinausgehen, ist dabei ein schöner Nebeneffekt.

Für einige der Sängerinnen und Sänger ist das Singen im LJC gleichzeitig auch eine gute Vorbereitung auf ein Studium im Bereich der Musik. Die Sängerinnen und Sänger kommen ja aus ganz Hessen. Daher gibt es keine regelmäßig stattfindenden Proben. Die Probenarbeit ist vielmehr so gestaltet, dass es drei bis vier Arbeitsphasen im Jahr mit jeweils einem neuen Programm gibt. Diese dauern zumeist von Donnerstag bis Sonntag und münden in ein Konzert oder in eine Chorreise.

Auf die Frage, warum der LJC zwei Chorleiter hat, antwortet Jürgen Faßbender: „Obwohl man als Chorleiter immer als „Alphamännchen“ charakterisiert wird, hat unsere Zusammenarbeit immer hervorragend funktioniert. Wir haben uns zum Wohle des Chores sehr gut ergänzt und abgestimmt. Und die Arbeit im Team erlaubt natürlich eine wesentlich effizientere Probenarbeit.“ Die Arbeit mit dem Chor sei immer eine Herausforderung, je nachdem, wie der jeweils aktuelle Chor bei einer Arbeitsphase besetzt ist. Auch sei vorher nicht unbedingt klar, ob alle musikalisch gesteckten Ziele erreicht werden können. „Wir wurden aber noch nie enttäuscht“, betont Faßbender.

Als einen ganz besonderen Höhepunkt seiner Arbeit mit dem Chor bezeichnet Faßbender eine Chorreise nach Bordeaux und das anschließend von den französischen Zuhörern geäußerte uneingeschränkte Lob „unserer“ Debussy-Interpretation. „Aber auch alle anderen Chorreisen waren einfach nur rundum schön und erfolgreich“ fügt er an. Faßbender weiter: „Aber nicht nur die Reisen sind erwähnenswert, sondern ebenso jede einzelne Arbeitsphase, mit welchem programmatischen Schwerpunkt auch immer. Ich finde die Disziplin und Leistungsbereitschaft der jungen Sängerinnen und Sänger außergewöhnlich.“ Sie seien stets bereit, sich im Dienste der Musik zu engagieren, zwölf Stunden am Tag zu proben und darüber hinaus beim abendlichen Zusammensitzen oder beim internen bunten Abend noch jede Menge Kreativität zu beweisen. „Man kann sagen, alle, die den Landesjugendchor durchlaufen haben, wurden vollständig mit dem ,Virus Chormusik‘ infiziert, wenn man denn ein solches Bild in der heutigen Zeit noch verwenden darf“, führt er schmunzelnd aus.

Bei der Begeisterung, die auch in Faßbenders Erzählungen deutlich wird, fragt man sich natürlich, warum er nun aufhört. Das erklärt er folgendermaßen: „Es ist im Leben immer wichtig, einen guten Abschluss zu finden für die jeweiligen Abschnitte. Ich habe den LJC seit seiner Gründung 15 Jahre lang mit viel Vergnügen und auch Engagement geleitet. Es war immer auch mein Anliegen, den Leuten Zugang zu zeitgenössischer Chormusik zu vermitteln, was mir hoffentlich gelungen ist. Nun ist es langsam an der Zeit, den Stab weiter zu geben und andere Projekte anzugehen.“

Nach einem letzten Probenwochenende sagt Faßbender dann doch etwas wehmütig: „Vermissen werde ich sicher – neben dem wundervollen Klang der jungen Stimmen – die unbändige Sangeslust, denn auch nach zwölf Stunden Probe am Tag ist noch lange nicht Schluss. Im Keller der Landesmusikakademie wird ein Stück nach dem anderen angestimmt, und so kann es durchaus auch schon mal passieren, dass spät am Abend neben Klassikern wie „Angels“ oder „Loch Lomond“ auch mal Mendelssohns Psalm 22 in beachtlicher Qualität erklingt.“

Faßbenders Wunsch für den Chor: „Bleibt so, wie ihr seid! Habt weiter ein offenes Ohr und ein offenes Herz für gute Musik und für eure Mitmenschen! Und tragt die Flamme und Begeisterung für die Musik in eurem eigenen Leben weiter für alle, die noch kommen und euch begegnen!“

MUSIKALISCHE WURZELN BEI DEN LIMBURGER DOMSINGKNABEN

Jürgen Faßbender hat seine musikalischen Wurzeln bei den Limburger Domsingknaben. Er ist Gründer von „Cantabile Limburg“, der sich aus ehemaligen Sängern der Domsingknaben rekrutiert hat. Sowohl mit „Cantabile“ als auch dem Frauenchor „Carpe Diem Limburg“ wurde er beim Deutschen Chorwettbewerb 1994 - erstmals in der Geschichte des Wettbewerbs - gleich zweifacher erster Preisträger in den Kategorien Männer- und Frauenchor. Auch mit dem Männerchor Plaidt und seiner „Liedertafel“ wurde er Preisträger dieses renommiertesten deutschen Wettbewerbs.

Außer beim Landesjugendchor Hessen ist er in der heimischen Region Chorleiter der Männerchöre „Harmonie Lindenholzhausen“, „Germania Freiendiez“, Männerchor Plaidt, „Thalia“ Ebernhahn, „Cäcilia“ Horbach, „Liederkranz“ Niederzeuzheim und der „Liedertafel“, wo Sänger aus verschiedenen Chören zusammen singen. Außerdem leitet er die gemischten Chöre „salto vocale elz“ und „Quartettverein Villmar“. Seine erfolgreiche Arbeit machte ihn zum international gefragten Juror, Gastdirigenten und Workshopleiter. Im Jahr 2012 erhielt er eine Berufung in den World Choir Council als einer der drei deutschen Vertreter dieses weltweit agierenden Gremiums.

Bei Faßbenders Abschiedskonzert mit dem Landesjugendchor Hessen am 2. April 2023 im Dr. Hoch’s Konservatorium in Frankfurt überreichte Ayse Asar, Staatssekretärin im Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst, Faßbender für sein Lebenswerk die Ehrenurkunde für Kunst und Kultur des Landes Hessen.

Jürgen Faßbender

Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.Hinweis: Verwendung der Artikel mit freundlicher Genehmigung der Nassauischen Neuen Presse.