Limburg-Lindenholzhausen. Der Verlust von Ackerflächen ist ein Dauerthema in Limburg. In Offheim, weil hier 33 Hektar geopfert werden sollen für weitere Gewerbeflächen ...

Photovoltaik oder Acker? Der von der EVL geplante Solarpark auf Lindenholzhäuser Gemarkung spaltet die Gemüter. FOTO: dpaBild: Photovoltaik oder Acker? Der von der EVL geplante Solarpark auf Lindenholzhäuser Gemarkung spaltet die Gemüter. FOTO: dpa

LINTER - Großes Interesse an Solarpark-Diskussion - Offene Fragen sollen von der EVL beantwortet werden

In Blumenrod, wo 25 Hektar für eine weitere Wohnbebauung vorgesehen sind. Und in Lindenholzhausen, weil hier mindestens zehn Hektar für einen Solarpark wegfallen sollen.

Der von der Energieversorgung Limburg (EVL) geplante Solarpark auf Lindenholzhäuser Gemarkung direkt an der Autobahn mit bestem Balkonblick von Linter aus erhitzt die Gemüter auch am Montagabend in einem eiskalten Bürgerhaus in Linter. Die Heizung funktioniert nicht.

Der Umweltausschuss und die Ortsbeiräte Linter und Lindenholzhausen reden über den unter Landwirten umstrittenen Solarpark. Der Saal ist voll. Zu voll in Zeiten der Pandemie. Mehr als 60 Zuschauer werden es am Ende sein. Darunter sind sehr viele Landwirte. Sie fürchten um den Verlust von mindestens zehn Hektar Ackerfläche, die sie 30 Jahre lang nicht pachten könnten, sollte die EVL ihren Solarpark hier bauen dürfen.

Einen endgültigen Beschluss gibt es an diesem Abend nicht. Dafür gibt es noch zu viele offene Fragen von Fraktionen, Landwirten und Bürgern. Die soll die EVL nach dem Willen der drei Gremien schriftlich und öffentlich beantworten. Michael Stock, CDU-Stadtverordneter und Ortsbeiratsmitglied in Linter, verteilt kurz vor der Sitzung ein DIN-A-4-Blatt mit insgesamt 13 kritischen Fragen seiner Fraktion im Ortsbeirat zu dem Projekt. Der Linterer Ortsvorsteher Heiko Welker (SPD) kündigt eine weitere Beratung im Ortsbeirat an, zu der auch Vertreter von Stadt und EVL eingeladen werden sollen.

Grüne befinden sich in einer Zwickmühle

Bürgermeister Dr. Marius Hahn (SPD) wird später sagen: "Das ist der Anfang eines Dialogprozesses. Gegen den erklärten Willen von Ortsbeiräten und Stadtverordneten werden wir das nicht machen." Nach der Sitzung wird sich die Lindenholzhäuser Ortsvorsteherin Barbara Bäcker (CDU) in einer E-Mail an diese Zeitung auf das Zitat beziehen. "Denn das ist ja eine Kernaussage", schreibt sie.

Wie schwergewichtig solche Aussagen mit Blick auf Ortsbeiräte sind, davon können sie in Offheim ein trauriges Lied anstimmen: Dieser Ortsbeirat lehnt eine Gewerbegebietserweiterung kategorisch ab und kriegt sie doch, weil die Mehrheit der Stadtverordneten es so entschieden hat.

Was will also die politische Mehrheit von CDU und SPD im höchsten politischen Gremium? Die SPD-Fraktion hat sich per Mitteilung bereits am Sonntagabend festgelegt: Sie will, wie der Bürgermeister, einen Solarpark an dieser Stelle, hofft aber noch auf eine einvernehmliche Lösung mit den Landwirten, eine gleichzeitige Nutzung von Solarenergie und Ackerbau. Und die CDU? Die legt sich öffentlich noch nicht fest oder hat noch eigenen Diskussionsbedarf. Stadtverordneter Achim Waldherr (CDU) verweist am Montagabend auf die laufende Diskussion und wundert sich über vage Antworten des Bürgermeisters zum Thema Solarenergie, als seine Fraktion während der Haushaltsberatungen im Dezember gezielt danach fragte.

FDP-Fraktionschefin Marion Schardt-Sauer fordert eine intensive Diskussion zum Thema Solarpark mit den betroffenen Landwirten und den politischen Entscheidungsträgern und kritisiert die nicht stattgefundene Kommunikation dazu seitens der Stadt.

Und die Grünen? Die befinden sich bei diesem Thema in der Zwickmühle: Solarenergie müssen sie gut finden, den weiteren Verlust von Ackerflächen können sie nicht gutheißen. Die Stadtverordnete Barbara Sylla-Belok (Grüne) scheint den fürs Klima ebenso wichtigen Schutz der Böden vor weiterer Versiegelung in diesem Fall höher zu bewerten. Sie fordert von der EVL, alle Möglichkeiten auf Dächern zu prüfen, um dort Solarmodule anzubringen, "bevor wir Ackerflächen verbrauchen". Doch in einer schriftlichen Erklärung der EVL hat der heimische Energieversorger bereits vor einigen Tagen klargestellt, dass das nicht ausreicht, also kein Ersatz für einen Solarpark ist.

EVL spricht von einer "Strom-Lücke"

Von einer drohenden "Strom-Lücke" in naher Zukunft spricht EVL-Geschäftsführer Gert Vieweg gleich zu Beginn der Sitzung. Deutsche Atomkraftwerke werden bald abgeschaltet, der Kohleausstieg vorgezogen, Erdgas ist nur eine Übergangslösung. Was bleibt, sind Wind, Wasser, Sonne und Biomasse. Der Austausch von Diesel und Benzin betriebenen Autos durch E-Autos wird den Strombedarf deutlich erhöhen.

Dass die Diskussion fast so lange wie ein Fußballspiel dauert, passt ins Bild. Das Pokalspiel geht in die Verlängerung. Mit Vorteilen für die EVL. Zum einen ist der Bau eines Solarparks an der umstrittenen Stelle planungsrechtlich möglich, schon vor vielen Jahren von den Stadtverordneten mit großer Mehrheit beschlossen, wie Bürgermeister Hahn betont. Zum anderen hat die EVL von vielen Eigentümern bereits eine Zustimmung erhalten, wie der EVL-Geschäftsführer auf Nachfrage des SPD-Fraktionschefs Peter Rompf bestätigt. Die EVL kann wohl deutlich mehr Pacht zahlen.

Der Vorsitzende des Kreisbauernverbands Limburg-Weilburg, Marco Hepp, appelliert an diesem Abend trotzdem an diese Eigentümer, bitte an die Landwirte zu denken. In Lindenholzhausen gebe es noch sehr viele Direktvermarkter, die ihre Nahrungsmittel nicht weit transportieren müssen; auch das sei Umweltschutz. Die Landwirtschaft verliere immer mehr Ackerflächen für Gewerbe und Wohnhäuser.

In diesem Grundkonflikt haben die Landwirte bislang immer den Kürzeren gezogen. Wer glaubt, dass dies beim Solarpark anders sein wird? Stefan Dickmann

Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.Hinweis: Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.