Limburg-Lindenholzhausen. Liesel Brötz, geborene Heun, feiert heute in Lindenholzhausen das seltene Jubiläum des 100. Geburtstags ...

Liesel Brötz ist glücklich, ihre Urenkelinnen Emma und Lotta im Haus zu haben. FOTO:ROBIN KLÖPPELBild: Liesel Brötz ist glücklich, ihre Urenkelinnen Emma und Lotta im Haus zu haben. FOTO:ROBIN KLÖPPEL

LINDENHOLZHAUSEN Liesel Brötz ist 100 Jahre und immer noch fit

Wer dieser Frau begegnet, mag gar nicht glauben, dass sie schon ein komplettes Jahrhundert vollmacht. Geistig ist sie noch hundertprozentig auf der Höhe. Und sie schafft auch noch die steile Treppe in ihre Wohnung im ersten Stock. Ihre Enkelin Vanessa Schmidt und deren Familie kümmern sich rührend um sie. Vieles kann Liesel Brötz auch noch alleine bewältigen.

Liesel Brötz wuchs als eines von acht Kindern von Georg und Margarethe Heun in "Hollese" auf. Sie besuchte die Handelsschule der Limburger Marienschule und absolvierte dort ihre Ausbildung zur Bürokauffrau. Die Wirren des Zweiten Weltkrieges haben ihr Leben stark beeinflusst und auch den Grundstein dafür gelegt, dass sie sich später als SPD-Aktive engagierte. Ihre Eltern waren bei der CDU, "aber mir war es schon immer ein Bedürfnis, mich für Schwächere einzusetzen".

Liesel Heun erlebte in Limburg, wie jüdische Mitbürger nach der Reichspogromnacht auf dem Bahnhofsplatz zusammengetrieben wurden. Sie musste hinnehmen, dass drei ihrer vier Brüder im Krieg ums Leben kamen. Und dass ihr Freund und späterer Mann Werner Brötz aus Eschhofen drei Jahre lang in französische Kriegsgefangenschaft geriet und in einem Arbeitslager in Afrika landete. Zum Glück kam er wieder heim, so dass das Paar 1948 heiraten und noch fast 20 Jahre glücklich zusammenleben konnte. Dann aber starb er an den Folgen seiner Kriegsleiden. Er war ebenfalls Sozialdemokrat und von 1960 bis 1966 neben seiner beruflichen Tätigkeit als Vertreter Bürgermeister von Lindenholzhausen.

Gehörte zum Gemeindevorstand

Wie so viele Frauen der Kriegsgeneration verzichtete sie auf eine berufliche Karriere und war immer für die eigene Familie da. Aber ihr war es wichtig, sich politisch zu engagieren. So gehörte sie als SPD-Vertreterin bis 1971, nach dem Tod ihres Mannes, dem Gemeindevorstand in Lindenholzhausen an und wirkte nach der Gebietsreform von 1972 bis 1989 und dann noch einmal von 1996 bis 1997 im Ortsbeirat. Später engagierte sie sich in der Arbeitsgemeinschaft 60plus der Sozialdemokraten.

Enkelin Vanessa ist ganz erstaunt, was ihre Oma noch bewältigen kann: "Sie putzt und kocht noch selbst, geht einkaufen." Auch bei den Seniorentagen im Pfarrheim ist sie noch gerne zu Gast. Bis letztes Jahr hat Liesel Brötz sogar noch Wäsche gewaschen und ist alleine den weiten Weg durchs halbe Dorf bis zum Friedhof gelaufen. Doch dann stürzte sie zwei Mal schwer und hat sich einen Oberschenkelhalsbruch zugezogen. Sie hat sich davon wieder erholt.

Wenn sie Lindenholzhausen zu ihrer Jugendzeit mit heute vergleicht, sagt sie über die damalige Lage: "Lindenholzhausen war ein Bauerndorf, landwirtschaftlich geprägt". Die Bauern hätten auch die Politik bestimmt. Arbeiter seien damals wenig wert gewesen. "Mein Vater war Beamter und hatte die Gaststätte ,Zum Weißen Ross' (heute "Gemütliches Eck") im Dorf. Von daher waren wir im Ort auch wer", sagt die Seniorin. Ihre Großeltern waren ebenfalls geschäftstüchtig. So betrieb die Familie neben einer Landwirtschaft und der Gaststätte einen Kolonialwarenhandel sowie eine Schusterei. Die Jubilarin hat noch bis zum achten Schuljahr die alte Volksschule in der Schulstraße besucht und als Mädchen gerne geturnt. Sie berichtet, als Kind habe sie noch auf der B 8 im Winter Schlittschuh laufen können, weil den ganzen Tag oft kein Auto gekommen sei. Als es um die Nachfolge der Eltern in der Gastwirtschaft ging, wurde zwischen ihr und einer Schwester gelost. Liesel Brötz ist nicht unglücklich gewesen, die Verlosung verloren zu haben, denn sie hatte wenig Interesse an dem Gaststättenbetrieb.

Viele von Liesel Brötz' politischen Wünschen haben sich erfüllt: Lindenholzhausen hat heute Kitas, eine Grundschule sowie ein Seniorenheim. Sie ist dankbar, 100 Jahre alt geworden zu sein, denn als sie noch jung gewesen sei, seien die meisten schon spätestens mit 70 Jahren verstorben. Zu den heutigen Gratulanten gehören drei Enkel und sieben Urenkel.robin klöppel

SO STIMMT'S

In unserem Artikel über den 100. Geburtstag von Liesel Brötz ist uns leider ein Fehler unterlaufen. Ihr Ehemann war kein Sozialdemokrat, wie es im Text stand, sondern gehörte der CDU an. red

Zusatz vom Webteam: Wir gratulieren Liesel Brötz zusammen mit der Bevölkerung von Lindenholzhausen und darüber hinaus zu ihrem 100. Geburtstag und wünschen ihr alles erdenklich Gute, vor allem Gesundheit!

Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.Hinweis: Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.