Limburg-Weilburg. Auf der Kirmes scheint die Pandemie vorbei zu sein. Das ist vom Gesetzgeber ja auch so gewollt: Es soll wieder "Normalität" einkehren in Corona-Zeiten ...

LIMBURG-WEILBURG - Kirmes und andere Veranstaltungen finden statt - Erste Ansteckungen - Impfung schützt

Dicht stehen die Besucher am Montag bei der Elzer Kirmes. Hier erfüllen alle die 3 G-Regel. Das wurde am Eingang kontrolliert, obwohl das gar nicht mehr nötig war. FOTO: bernd lormannBild: Dicht stehen die Besucher am Montag bei der Elzer Kirmes. Hier erfüllen alle die 3 G-Regel. Das wurde am Eingang kontrolliert, obwohl das gar nicht mehr nötig war. FOTO: bernd lormann

Zur Normalität gehört eben auch, dass an der Kirmes getrunken wird und irgendwann kaum noch jemand an Hygieneregeln denkt. In Winkels zum Beispiel war das so. Da mussten nach der Kirmes 28 Männer und Frauen in Quarantäne, gut ein Dutzend haben sich infiziert, nach der Kirmes in Villmar gab es acht Coronafälle mehr, nach der Kirmes in Lindenholzhausen verbreitete sich schnell das Gerücht, dass sich mindestens 80 Gäste angesteckt hätten. In Elz hoffen alle, dass ihnen das erspart bleibt.

Denn zum Teil ging es hoch her - "am Samstag waren wir an der Grenze", sagt Markus Schmidt, der Leiter des Elzer Ordnungsamtes. An der selbstgesteckten Grenze. Denn am 17. September, am Tag vor Kirmesbeginn, hatte das Land eine neue Verordnung veröffentlicht, nach der die Elzer ihr Gelände nicht umzäunen und ihre Gäste gar nicht mehr hätten zählen müssen. "Wir haben uns aber dagegen entschieden", sagt Markus Schmidt. Also gab es nur drei Eingänge zum Kirmesgelände und einen Sicherheitsdienst, der nicht nur Streife ging, sondern auch an den Eingängen kontrolliert hat, ob die Gäste geimpft, genesen oder getestet sind. Höchstens 1000 ohne Impf- oder Genesungsnachweis waren erlaubt.

Dabei blieb es auch am Samstag. Aber trotzdem war es voll - so wie immer auf der Elzer Kirmes. Am Samstag seien über den Tag verteilt etwa 6000 Gäste gezählt worden, sagt Markus Schmidt. "Da sind alle Bändchen weg gewesen." Die Bändchen gab's am Eingang - in drei Farben, damit der Sicherheitsdienst auch auf dem Gelände sehen konnte, wer welches der 3 G-Kriterien erfüllt. Oder auch nicht. Manche Leute seien einfach über den Zaun geklettert. Aber sie seien schnell zu erkennen gewesen und vom Sicherheitsdienst darauf hingewiesen worden, dass das so nicht geht, sagt Markus Schmidt.

"Das Problem ist der Alkohol"

Auch die Tumulte um 23 Uhr, als keiner mehr auf das Gelände durfte, hatte der Sicherheitsdienst schnell unter Kontrolle. Weniger erfolgreich war er in Sachen Abstandsregeln. Je später der Abend, desto vergeblicher die Versuche, an die AHA-Regeln zu erinnern. "Das Problem ist der Alkohol. Aber der gehört nun mal dazu", sagt Markus Schmidt. Dabei habe die Gemeinde auch da getan, was sie konnte. Es gab weniger Zapfstellen als sonst und Biergondeln waren ganz verboten - um das Gedränge ums Bier zu vermeiden.

Außerdem gab es das Bier nur aus Flaschen, denn mit dem Glas in der Hand lässt es sich schlecht laufen und hygienischer sind Flaschen sowieso. "Wir haben unser Möglichstes getan", sagt Markus Schmidt. "Wenn es gut geht, kann unser Konzept Vorbildcharakter haben." Wenn nicht, dann sei der Gesetzgeber gefragt. "Jetzt müssen wir erst einmal abwarten, wie sich die Zahlen entwickeln."

Die Zahlen hat das Gesundheitsamt. Dieses erfasse auch den Infektionsort, "soweit der ermittelbar ist", teilt Jan Kieserg, der Sprecher der Kreisverwaltung mit. Ob das Gesundheitsamt das dann auch so veröffentlicht, ist eine andere Frage. "Wir würden Infektionsorte nur veröffentlichen, wenn sich dafür eine Notwendigkeit ergeben würde und wir Hinweise oder Schutzmaßnahmen für Bürgerinnen und Bürger als notwendig erachten würden." Bisher bestehe dazu kein Anlass.

Aber so viel teilt das Gesundheitsamt dann doch mit: Es sei kein Corona-Fall nach der Kirmes in Lindenholzhausen bekannt. Schon gar keine 80. Auch Hilmar von Schenck, der Leiter des Limburger Amtes für Stadtmarketing, kann sich das Gerücht nicht erklären. Die Kirmes sei extra als "Biergarten-Kirmes" gefeiert worden, das Gesundheitsamt habe das Hygienekonzept und die Auflagen genehmigt, die Stadt habe darauf geachtet, dass auch tatsächlich um 24 Uhr Schluss ist.

Oktoberfest soll stattfinden

Aber ein bisschen erleichtert ist von Schenck schon, dass in Limburger erst einmal keine weiteren Kirmesveranstaltungen geplant sind. Nur das Oktoberfest auf dem Marktplatz werde "nach derzeitigem Stand, mit entsprechenden Auflagen des Kreisgesundheitsamtes," stattfinden. "Gleiches gilt für die Oktoberfest-Veranstaltungen in der Markthalle."

Kreissprecher Kieserg verweist auf die Coronavirus-Schutzverordnung des Landes Hessen. "Es ist Wunsch und Wille des Gesetzgebers, dass langsam eine Rückkehr in die Normalität möglich ist." In Paragraf 1 der Verordnung sei von "pandemiegerechtem Verhalten" die Rede.

Dass das offenbar nicht immer vor einer Infektion schützt, zeigt die Kirmes in Winkels. Der Mengerskirchener Ortsteil hat am zweiten September-Wochenende Kirchweih gefeiert - unter freiem Himmel und mit 3 G. Und trotzdem mussten am Ende 28 Gäste in Quarantäne, gestern waren in Mengerskirchen 20 Corona-Fälle gemeldet, die meisten hatten sich bei der Kirmes angesteckt.

Vermutlich sei ein geimpfter oder genesener Kirmesgast infiziert gewesen, ohne es zu merken, sagt Bürgermeister Thomas Scholz (CDU). Und das sei die eigentliche Nachricht: Die Impfung schütze zwar nicht immer vor der Übertragung des Virus', aber sie schütze vor einem schweren Krankheitsverlauf. Denn keiner der Infizierten habe ins Bett gemusst oder gar ins Krankenhaus. Und wenn bei einem Verdacht schnell reagiert und die Quarantäne-Regel eingehalten würde, sei das Geschehen auch schnell wieder unter Kontrolle. "Wir müssen wieder zur Freiheit der Normalität kommen", sagt Scholz. Und die Kirmes sei ja nicht irgendeine Veranstaltung. "Die Kirmes hatte eine hohe gesellschaftliche Stellung. Das ist Tradition." Sabine Rauch

Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.Hinweis: Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.