Limburg-Lindenholzhausen. Das vierte Harmonie Festival in Lindenholzhausen war 1999 wieder Treffpunkt der internationalen Chormusik und Folklore. 243 Chöre und Folkloregruppen aus 51 Nationen und Kulturen vereinten sich damals zum friedlichen Miteinander bei Wettbewerben und Konzerten sowie Folkloredarbietungen mit Musik und Tanz. Mehr als 40 Chöre und andere Gemeinschaften im Umkreis von 100 Kilometern beherbergten Gäste aus dem Ausland in ihren Familien ...

Der Chor "Atskana" aus Babite, Lettland war 1999 bei Familien in Weroth/Westerwald zu Gast. FOTO: klaus-dieter häringBild: Der Chor "Atskana" aus Babite, Lettland war 1999 bei Familien in Weroth/Westerwald zu Gast. FOTO: klaus-dieter häring

LINDENHOLZHAUSEN - Das vierte "Harmonie-Festival" verbindet Menschen und Nationen mit Musik und Tanz - Harmonie-Festival

von Klaus-Dieter Häring

Dr. Helmut Kohl, Bundeskanzler von 1982 bis 1998, ist zum dritten Mal der Schirmherr des Festivals.

Seit dem Festival 1993 waren wieder sechs Jahre vergangen, die auch bei der "Harmonie" Veränderungen mit sich brachten. Nach dem plötzlichen Tod von Dirigent Musikdirektor Hans Lingerhand übernahm Martin Winkler im Sommer 1994 die musikalische Leitung des Männerchors "Harmonie" und des Harmonie-Festivals und er setzte neue musikalische Akzente. Auf seine Initiative wurde ein gemischtstimmiger Harmonie-Festival-Projektchor gegründet, an dem sich neben den Sängern der Harmonie auch Sängerinnen und Sänger aus der ganzen Region beteiligen konnten. Vereint mit dem Frauenchor "Dzintars" aus Riga, der zum vierten Mal dabei war, dem Studenten-Sinfonie-Orchester Marburg sowie den Solistinnen Barbara Zechmeister (Sopran), Christine Brenk (Sporan) und Solist Michael König (Tenor) führte man gemeinsam beim Eröffnungskonzert die 2. Symphonie "Lobgesang" in B-Dur von Felix Mendelssohn Bartholdy auf.

Das Thema der Symphonie, "Alles, was Odem hat, lobe den Herrn", war bezeichnend für das ganze Festival 1999. So fügten sich im Abendkonzert am Freitag alle Chöre aus Lindenholzhausen zu einer dreihundertköpfigen Chorgemeinschaft zusammen, um mit Friedrich Silchers "Loreley" und Johannes Brahms "Bei nächtlicher Weil" das Publikum in eine harmonische und gleichermaßen begeisterte Festivalstimmung zu versetzen.

Eines der grundlegenden Ziele des Harmonie-Festivals erfüllte sich 1999 in besonderem Maße. In den internationalen Chorwettbewerben stellte sich eine große Zahl von Laienchören, vor allem aus Deutschland, den Niederlanden und Belgien, dem Wettbewerb mit sehr erfolgreichen Spitzenchören aus aller Welt. Diese Chöre wollten musikalisch dazulernen, den internationalen Austausch pflegen und freuten sich auch über ein bronzenes Festival-Diplom. Aber auch ausländische Laienchöre wie der "Mannenchor Maranatha" und der "Vrouwenchor Maranatha" aus Paramaribo/Surinam (ehemals niederländische Kolonie in Südamerika) waren 1999 erstmals beim "Harmonie-Festival" am Start. Josef Ben Jung, Sänger der Harmonie, erzählt: "Diese liebenswerten Menschen sind überwiegend Nachfahren von afrikanischen Sklaven. Die Landessprache in Surinam ist Niederländisch und viele der Sängerinnen und Sänger sprachen auch gut Deutsch, so dass ich als Betreuer keine Verständigungsprobleme hatte. Beim internationalen Volksliedwettbewerb der Männerchöre am Donnerstag waren die Männer mit dem deutschen Lied "Pferde zu Vieren traben" von Paul Zoll erfolgreich und gewannen den ersten Preis. Völlig euphorisiert von diesem Erfolg probten sie tags darauf nun auch für den Wettbewerb der Männerchöre mit Pflichtchor am Samstag das deutsche "Gnädig und Barmherzig" von A. E. Grell. Das war für mich sehr ergreifend. Doch diese Kategorie war mit sechs starken Konkurrenten besetzt. Am Ende reichte es für einen fünften Platz. Der Frauenchor "Maranatha" hatte sich damals gerade erst neu gegründet und konnte noch keinen der vorderen Plätze belegen, aber die Damen hatten trotzdem viel Spaß beim Festival in Lindenholzhausen."

Ein Höhepunkt von höchster musikalischer Qualität war 1999 das geistliche Sonderkonzert "Psalmen" mit der Kölner Kantorei unter der Leitung von Prof. Volker Hempfling und den Solistinnen Anette Nödinger (Sopran) und Fabiana Trani (Harfe). Die St. Jakobuskirche Lindenholzhausen schenkte diesem großartigen Konzert den würdigen Rahmen sowie der Musik und den fünfhundert begeisterten Zuhörern einen wunderbaren Klangraum.

Das Harmonie-Festival lebt auch davon, dass sich viele Chöre und Vereine aus der ganzen Region als private Gastgeber für ausländische Teilnehmer zur Verfügung stellen. 1999 hatte der Männerchor "Frohe Stunde" aus Weroth im Westerwald den gemischten Chor "Atskana" aus Babite bei Riga (Lettland) zu Gast. Manfred Fachinger, Sänger der "Harmonie" und der "Frohen Stunde" Weroth erzählt: "Die frühere Sängerin Ginta Petersone vom Frauenchor ,Dzintars' Riga war vom Harmonie Festival begeistert und bereits 1981 dabei. Inzwischen war sie selbst Chorleiterin und wollte 1999 unbedingt mit ihrem Chor ,Atskana' teilnehmen. Der damalige Vorsitzende der Harmonie, Karl-Heinz Dernbach fragte mich, ob es möglich wäre, den Chor in Weroth unterzubringen. Ich konnte meine Sangesfreunde aus Weroth davon überzeugen, dass es eine tolle Sache wäre, wenn dieser Chor in Weroth gastieren könnte. Natürlich gab der Chor hier auch ein tolles Konzert und wir unternahmen gemeinsame Ausflüge an den Rhein, nach Limburg und ins Lahntal. Die persönlichen Kontakte zwischen den Chormitgliedern aus Lettland und den Weröther Familien bestehen teilweise noch heute."

Nach den Festivals 1987 und 1993 hat sich beim Festival 1999 die Folklore fest im Programm etabliert und ist nicht mehr wegzudenkender Bestandteil. Die Folkloregruppen begeistern nicht nur bei ihren offiziellen Darbietungen auf der Bühne, sondern auch mit vielen spontanen Einlagen auf dem ganzen Festivalgelände. Sie repräsentierten 1999 mit 78 Gruppen und rund 2500 Akteuren und Akteurinnen aus fünf Erdteilen die ganze Vielfalt traditioneller und folkloristischer Tänze, Gesänge und Instrumentalmusik aus über 30 Nationen und Kulturen.

Gerhard Neunzerling-Dernbach, Sohn des früheren 2. Vorsitzenden und Festival-Ehrenpräsidenten Richard Neunzerling erinnert sich: "1987 hatte mich mein Vater in die Organisation und Programmarbeit mit den Folkloregruppen und Folkloreveranstaltungen eingeführt. Vor dem Festival von 1993 und vor allem 1999 vermittelte er Karl-Heinz Dernbach als damaligen Vorsitzenden der Festivalorganisation und mir die komplizierte und vielschichtige Arbeit mit den internationalen Teilnehmergruppen und der Unterbringung der Chöre und Gruppen. Es gab viel tun. Wichtig war es, den Menschen in vielen Telefonaten zuzuhören, zu erkennen, wo deren Schuh drückt und dann beim Lösen von Problemen zu helfen. Mit seinen 71 Jahren unterstützte mein Vater Karl-Heinz Dernbach und mich noch immer wo er konnte (...). Einer der schönsten Momente war der Anblick von Sängern der ,Harmonie', die gemeinsam mit dem ,Franciscan Choir' aus Kampala (Uganda) montags beim abschließenden Tag der Freundschaft auf der Festival-Bühne sangen und tanzten." Heinz Kleiter, damals Redaktionsleiter der Nassauischen Neuen Presse, schrieb 1999: "Wer in den vergangenen Tagen über das Gelände des Harmonie-Festivals geschlendert ist, konnte die bunte Vielvölkerfamilie beobachten, die bei Tanz und Gesang ihre Freundschaft pflegte - ein wohltuender Widerpart zu all den schrecklichen Bildern von Krieg und Zerstörung in der Welt. Dieses Festival ist ein Friedensfest, das alle Anstrengung der 1500 Helferinnen und Helfer lohnt!"

Spitzenchöre zeigen ihre Klasse

Und natürlich setzten die Wettbewerbssieger der verschiedenen Kategorien beim abschließenden Konzert der Preisträger auch dem Harmonie Festival 1999 wieder die Krone auf. Herausragende Chöre, die mit Sonderpreisen dekoriert wurden, waren der Kammerchor "Kamer" Riga (Lettland), der "Coro Entrevoces" aus Havanna (Kuba), der Frauenchor "Dzintars" aus Riga (Lettland) und der Chor "Resonans con tutti" aus Zabrze (Polen). Diese Chöre zählten damals zu den internationalen Spitzenchören und zeigten zum Abschluss des Festivals dem Publikum noch einmal ihre besondere Klasse. Die Stepptanzgruppe "Rinnceoiri Shliabh Luachra" und Musiker aus Listowel (Irland), das Volksmusikensemble des "El Cafe Chorale" (Costa Rica") sowie das große Tanz-, Musik- und Gesangsensemble der Universität Warschau (Polen) als 1. Preisträger der Folklorewettbewerbe rissen das Publikum spät in der Nacht noch einmal zu Begeisterungsstürmen hin.

■Alle interessierten Chöre und Folkloregruppen können sich ab sofort zum Harmonie-Festival 2023 anmelden. Die Ausschreibung mit den Teilnahme- und Wettbewerbsbedingungen sind unter www.harmonie-festival.de zu finden.

Der "Franciscan Choir" aus Kampala (Uganda) vertrat beim Harmonie Festival 1999 den afrikanischen Kontinent, begeisterte mit seiner Fröhlichkeit und wurde 3. Preisträger in einem der drei Folklorewettbewerbe. FOTO: dieter fluckBild: Der "Franciscan Choir" aus Kampala (Uganda) vertrat beim Harmonie Festival 1999 den afrikanischen Kontinent, begeisterte mit seiner Fröhlichkeit und wurde 3. Preisträger in einem der drei Folklorewettbewerbe. FOTO: dieter fluck

Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.Hinweis: Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.