vom 07.08.2008

Limburg. Finanziell ausgebrannt, hat sich ein in Langendernbach wohnendes Ehepaar eine Schnapsidee einfallen lassen und die Schwester der Ehefrau (19) in ein «tiefes Loch» gestürzt. Am 19. Januar dieses Jahres überredete das Ehepaar die junge Frau, ihnen bei einem fingierten Raubüberfall auf eine Tankstelle in Lindenholzhausen zu helfen ...

... Die 19-Jährige war Kassiererin in der Tankstelle und damit die Nachfolgerin der Schwester, die zuvor wegen Unterschlagung von den Besitzern entlassen worden war. Nach Dienstschluss übergab die Kassiererin ihrem maskierten und mit einer Spielzeugpistole bewaffneten Schwager – der Überfall sollte wegen der vermuteten Videoüberwachung sehr echt aussehen – an der Hintertür der Tankstelle die Einnahmen in Höhe von 6571 Euro. Der Mann entschwand mit der Beute in seinem Kraftfahrzeug, das von seiner Frau gesteuert wurde.

Jugendrichter Thomas Becker schonte die Angeklagten bei seinem Urteilsspruch nicht. Die Kassierin kam zwar wegen der Vortäuschung einer Straftat und wegen Unterschlagung mit einer Verwarnung davon, muss jedoch einen Wochenendarrest «absitzen», 100 Arbeitsstunden und Schadenswiedergutmachung leisten. Ihre Schwester erhielt eine Bewährungsstrafe in Höhe von sieben Monaten. Sie muss 150 Arbeitsstunden ableisten und 860 Euro an die Geschädigten zurück zahlen. Der vorbestrafte Mann erhielt eine einjährige Bewährungsstrafe, muss 200 Arbeitsstunden ableisten und ebenfalls 860 Euro zurück zahlen.

Mit dem Urteil überbot der Richter Oberamtsanwalt Bernd Stahl deutlich. Bei der jüngsten der Angeklagten zeigte sich der Richter mit der Meinung Stahls noch konform. Er ignorierte jedoch die Forderung des Anklagevertreters nach einer Geldstrafe für die Ehefrau des Angeklagten. Den männlichen Teil des mutmaßlichen Räubertrios verurteilte Richter Becker zu zwei Monaten mehr als gefordert. Die Verteidiger Janusch Nagel und Alfred Müller hatten für geringfügig mildere Strafen plädiert als Oberamtsanwalt Stahl.

Alle drei Angeklagte hatten ein Geständnis abgelegt. Zwei bis drei Wochen vorher hatten sie den Coup geplant. Auf die Idee war wohl die ältere der beiden Angeklagten gekommen, da sie in der Tankstelle schon einmal beschäftigt gewesen war und die Örtlichkeiten gut kannte. Die treibende Kraft war dann der Ehemann, der für die Vorgehensweise beim vermeintlichen Überfall verantwortlich zeichnete. Motivation für die Tat war die finanzielle Misere der drei Angeklagten.

Aufgeflogen ist die Sache, weil die Kassiererin drei Tage nach der Tat bei der Polizeivernehmung Angst bekommen hatte. «Ich hatte das Gefühl, der Vernehmungsbeamte schaut durch mich durch», sagte die junge Frau.

Ihre Schwester und ihr Schwager seien ihr nach dem Geständnis nicht böse gewesen, allerdings haben sie mit der jungen Frau die familiäre Bande gebrochen. «Meine jüngere Schwester hat bei Bekannten Gerüchte verbreitet, mein Mann und ich hätten sie erpresst und sie zur Tat gezwungen und unter Drogen gesetzt», sagte die 27-Jährige. Grund genug für sie, um mit der Schwester keinen Kontakt mehr zu pflegen (von Bernd Bude).